Geburtstage
Zunächst vielen Dank für die vielen Grüße und guten Wünsche zu unseren Geburtsstagen. Fern der Heimat freut man sich umsomehr darüber.
Für die Kinder im Orphanage (momentan 43) gab es zwei Party’s kurz hintereinander. Wir haben sie richtig verwöhnt. An Doris‘ Geburtstag gab es Joloff-Rice mit einem großen Stück gebratenen Hähnchen und bei mir Riceballs mit einer reichhaltigen Hähnchen-Gemüse-Stew, auch mit einem ordentlichen Stück Fleisch darin. Alle durften auch nachfassen. Als Nachtisch dann noch viel Wassermelone, ist gerade Saison. Alle waren begeistert vom guten Essen. Ich glaube aber fast, dass sie sich noch mehr über das Getränk gefreut haben.
Bis auf die ganz Kleinen durfte jeder aussuchen, ob Cola oder Fanta. Sonst bekommen sie ja nur Brunnenwasser zum Trinken. Die Kinder waren happy und haben mit uns gesungen und getanzt. Damit nicht alles auf einmal auf sie einstürmt, bekamen sie in den Tagen danach dann noch Bisquits und Toffees.
Für uns waren es ganz andere und besondere Geburtstage, die wir nie vergesssen werden.
Dank der vielen Spenden können wir auch die Lebensmittelvorräte noch einmal kräftig auffüllen, bevor wir gehen. Dann geht es den Kindern in den nächsten Wochen auch ganz gut. Lebensmittel machen einen Großteil des Waisenhausbudgets aus.
Bei den Akan, also der Twi sprechenden Volksgruppe in den südlichen Regionen des Landes, weiß man sofort, an welchem Tag jemand geboren wurde, sobald man den ersten Namen hört. Im Grunde gibt es nur vierzehn Vornamen, sieben für Männer und sieben für Frauen. Das sind feststehende Namen, die den jeweiligen Wochentagen zugeordnet sind und automatisch vergeben werden.
Bei uns wäre es so: sonntags Simon, montags Martin, dienstags Michael usw.
Für den Sonderfall, dass z.B. in einer Familie vier Jungs am gleichen Wochentag, z.B. Freitag, geboren werden, ist aber vorgesorgt. Für Freitag wäre es automatisch der Name Kofi. Die Jungs würden dann heissen: Kofi, Kofi Manu, Kofi Mensa, Kofi Anane. Das heißt, die Reihenfolge wird zum Namen gemacht, also Kofi der Zweite, Dritte, Vierte. Manchmal wird auch der Zusatz, z.B. Manu, zum eigentlichen Namen umfunktioniert.
Als Obruni kann man bei den Gastgebern damit punkten, wenn man seinen Akan – Namen weiss. Das kommt immer gut an. Bei Doris ist es Abenaa (Dienstag) und bei mir Akwasi (Sonntag).
Zusätzlich wird zum Tagesnamen ein europäischer/christlicher Vorname und ein Name nach einem Verwandten vergeben.
Am Sonntag, 09.06. waren wir Ehrengäste bei einer Namensgebung. Insgesamt waren ca. 60 Personen anwesend. Die Zeremonie findet nicht wie bei uns in der Kirche, sondern privat statt. Wasser, wie bei der Taufe, wird nicht gegossen. Es wurde gesungen und getanzt und ging sehr lebhaft zu. Dresscode für Namensgebungsfeste ist weiß, oder zumindest hell. Schwarz oder rot ist nicht erlaubt.
Ich wurde gebeten, den in Ghana bei allen Anlässen üblichen Opening-Prayer zu sprechen und habe dann das ”Vaterunser“ in deutsch gebetet. Doris bekam gleich die Hauptperson, das Baby auf den Arm und durfte / mußte es bis zum Zeitpunkt der eigentlichen Namensgebung halten. Dann übernahm es die Person, nach der es auch benannt wurde, in diesem Fall der Großvater. Die Rolle ist in etwa vergleichbar mit unserem Taufpaten. Er muss aber auch das ganze Fest organisieren.
Interessant war dann Punkt 10 von 15 des Programms, die Präsentation der Geschenke. In der Regel wird Geld gegeben. Vorab wurden deshalb Briefumschlaege verteilt und mit Geldgeschenk und Namen beschriftet an den Zeremonienmeister zurückgegeben. Dieser zeigt dann jeden Umschlag hoch, liest die Namen der Schenkenden vor und legt ihn in ein Gefäß, das anschließend den Eltern übergeben wird.
Die ganze Feier ging über vier Stunden und endete mit einem Fufu-Essen, dem ghanaischen Nationalgericht, diesmal mit Ziegenfleisch zubereitet.
Für uns schließt sich damit auch der Kreis. In den sechs Monaten hier in Ghana haben wir Namensgebung, Hochzeit und Beerdigung miterlebt. Wir hatten das Glück, Menschen zu treffen, die uns ihre Kultur und Lebensgewohnheiten nähergebracht haben.
Bild: Feier Namensgebung