Unser Waisenhaus hat uns wieder. Eine Woche unseres Vertragsurlaubes hatten wir in die Schulferien gelegt und waren im Land unterwegs. Es hat uns gut getan. Die Batterien sind jetzt für die letzten zwei Monate unseres Aufenthaltes wieder einigermassen aufgeladen. Es gibt ja noch viel zu tun.
Die verbleibende zweite Urlaubswoche wollen wir ans Ende unseres Freiwilligendienstes hängen und vor der Abreise aus Ghana noch ein paar Tage am Meer verbringen. Mal sehen. Doris möchte für das Strandbad am See noch die bisher ungebräunten Stellen ( z. Zt. Bräunungsmuster Bau ) nachbessern.
Ganz schön eitel.
Kurz vor Aufbruch zu unserem Trip nach Akosombo haben wir am 23.04. von den Spenden noch einen ganztägigen Ausflug für die noch im Waisenhaus verbliebenen Kinder organisiert. Nicht alle Boarders und Halbwaisen wurden von ihren Familien über die Ferien heimgeholt, die Vollwaisen haben ja sowieso Niemanden. Einige Kinder kamen sogar extra für den Ausflug ins Waisenhaus zurück, um dabei zu sein. Insgesamt waren wir mit 26 Kindern plus sieben Begleitpersonen unterwegs.
Nach Bekanntwerden der Ausflugsplanung gab es schon tagelang kein anderes Gesprächsthema mehr. Alle waren schon ganz gespannt. Zwei TroTro’s wurden gemietet und die Fahrt, ca. zwei Stunden, ging zu den Wasserfällen in der Gegend um Huhunya nördlich von Koforidua. Im Umkreis von ca. fünf Kilometern gibt es dort drei Wasserfälle und etliche Steinkuriositäten, z.B. den riesigen Umbrella Stone in der Form eines Steinpilzes.
Die Kinder waren begeistert und haben schon auf der Fahrt gesungen. Mittags hatten wir ein großes Picknick am Boti Waterfall vorbereitet und die Kinder hatten anschließend Zeit zum Herumtollen. Abends waren wir dann wieder zurück in Begoro und es gab noch ein besonders gutes Essen zum Abschluss.
Alle waren happy. Die Kinder kamen endlich mal wieder aus dem Waisenhaus heraus und haben gleichzeitig auch etwas von ihrer Heimat gesehen. Sie werden noch einige Zeit von diesem Tag zehren.
Für unsere Rundreise hatten wir uns Akosombo als erste Station vorgenommen, natürlich wegen des Volta-Staudammes. Die Ausmasse der Anlage sind gewaltig. Der Stausee reicht ca. 400 km in den Norden des Landes. Es ist das größte Industrieprojekt, dass jemals in Ghana in Angriff genommen wurde, war aber beim Bau 1961-65 als überdimensioniert verschrien. Aufgrund der wachsenden Bevölkerung und des damit verbundenen ständig steigenden Energiebedarfes reicht die Energiegewinnung aus dem Kraftwerk nur noch für zwei Drittel des Gesamtverbrauchs im Land. Wir können ein Lied davon singen. Stromausfälle gehören zum Alltag in Ghana.
Weiter ging es dann mit dem Fährschiff auf dem Lake Volta ca. 300 km nach Norden. Eine der schönsten Erfahrungen auf der Reise. Die Fahrt dauerte ca. 30 Stunden und man lernt Ghana auf eine ganz andere Weise kennen. Gottseidank konnten wir eine der beiden sehr einfachen Kabinen ergattern und mußten nicht auf Deck schlafen wie die anderen Passagiere. An Board befanden sich überwiegend weibliche Passagiere, meistens schwerbepackt und mit einem Tross Kinder. Wie sie sich unter den erschwerten Bedingungen auf dem Schiff verhalten, wie selbstverständlich sie sich ihren Kindern widmen, kochen und sogar während der Fahrt Handel treiben, ist sagenhaft. Das Improvisierte und Abenteuerliche, das damit einhergeht, machen den Reiz dieser Reise aus. Bilder davon werden wir genügend mitbringen.
Nach Verlassen des Fährschiffes in Yeji wurde es dann richtig abenteuerlich. Bis nach Tamale, den noödlichsten Punkt der Reise, waren wir mit TroTros nur noch auf Pisten durch die Savanne unterwegs. Die runden, strohgedeckten Lehmhütten in den Dörfern gehören im Norden noch zum normalen Bild. Teilweise mußten wir uns eigene Fahrzeuge organisieren oder immer wieder warten, bis genug Passagiere an Board waren. Bei zuviel Andrang wurden auch Leute kurzerhand zusammen mit dem Gepäck auf das Dach verfrachtet. Wenn es ganz arg kam, wurden dann auch noch lebende Schafe und Ziegen, stehend, mit einem übergeworfenen Fangnetz, auf dem Dach mittransportiert. Es ging aber alles gut.
Tamale ist die größte Stadt im Norden und insgesamt die viertgrößte des Landes, ca. 400.000 Einwohner.
Es ist hier noch heisser als im Süden. Die Bevölkerung besteht überwiegend aus Moslems und Moscheen und kopfbedeckte Frauen gehören zum Straßenbild. Ein besonderes Erlebnis war der Night-Market und die gegrillten Gingifaus (Perlhühner), die hier zu den Delikatessen gehören.
Von Tamale ging die Weiterfahrt mit dem Bus auf relativ gut ausgebauten Straßen dann wieder südlich über Kumasi an den Lake Bosumtwi, wo wir uns vor der Rückkehr nach Begoro noch zwei Tage in einem kleinen Resort erholen konnten. Der See entstand durch einen Meteoriteneinschlag und wird von den Einheimischen als mystisch bezeichnet, weil er weder einen Zufluss noch einen Abfluss hat und dennoch das Wasser behält.
Fazit: Reisen in Ghana ist nicht planbar, die Transportmöglichkeiten sind einfach zu ungewiss. Man muss ständig organisieren und improvisieren. Wir hatten jedoch zu keinem Zeitpunkt Sorge um unsere Sicherheit, außer vielleicht bei manchen riskanten TroTro-Überholmanövern.
Die Menschen sind freundlich, aufgeschlossen und hilfsbereit. Auffällig ist die immer heitere Gundstimmung. Es wird viel gelacht, Musik und Tanz gehören einfach in diesem Land immer dazu.
Als Gast in Ghana hört man überall das Wort Akwaaba – Willkommen und es ist ernst gemeint.
Seit Rückkehr nach Begoro haben wir auch das letzte größere Projekt während unseres Aufenthaltes in Angriff genommen. Die Planung für die Dachsanierung der Gebäude steht und die Arbeiten haben begonnen. Wenn es abgeschlossen ist, werden die Kinder trockene Klassenzimmer haben und der Unterricht fällt nach starken Regenfällen nicht mehr aus. Ein weiterer großer Schritt für das Waisenhaus und die Schule.